Beat Lanter v/o Primus, 04.06.1944 - 06.11.2023

06.11.2023 - Bruno Meyer v/o Trax

Nachruf

Dr. iur.

Beat Lanter v/o Primus

GV Struthonia, AKV Kyburger

0.06.1944 - 06.11.2023


 

Für viele von uns starb Beat Lanter unerwartet rasch. Entsprechend gross war die Trauergemeinde zum Dankgottesdienst in der Kirche St. Martin in Effretikon.

Aufgewachsen ist Beat Lanter in Steinach SG zusammen mit dem jüngeren Bruder Werner und besuchte dort die Primarschule. Weil ihm das Seeklima nicht zuträglich war, zog er ins Kollegium St. Fidelis nach Stans. Mag sein, dass ein Onkel als Kapuziner den Ausschlag dazu gegeben hatte. Dort begegneten wir uns erstmals in der dritten Klasse mit damals mehr als 30 Studenten. In der Struthonia dann lernten wir uns näher kennen und schätzen, so dass wir vereinbarten, uns bei Beginn des Hochschulstudiums in Zürich am Stamm der Kyburger wieder zu treffen.

Nach der Matura Typus A ergriff Beat Lanter das Studium der Rechtswissenschaft, dies trotz Vorlieben für Theologie, Mathematik, Geschichte und Philosophie. Als Fuxe trat er der AKV Kyburger bei und wurde als einer von drei auf den Namen Primus getauft. Gleichzeitig arbeitete er als Werkstudent mit kaufmännischer Tätigkeit in verschiedenen Branchen, so auch auf einer Bank. Dabei erwarb er sich viel praktische Erfahrung aus dem menschlichen Leben. Bei einem Banküberfall geriet er gar als Schreck des Räubers in die Tagespresse. 1972 holte er sich an der Uni Zürich das Lizenziat beider Rechte. Nach einem Notariats-Praktikum und einem Lehrjahr am Gericht entschied er sich für weitere Tätigkeiten in der Privatwirtschaft.

In der Verbindung amtete Primus im WS 68/69 als Senior, dann im SS 69 als geschätzter Fuxmajor. Zuvor war er FK, Aktuar und später Mitglied der GPK sowie Ehrenrichter. In diesen Jahren der Studentenunruhen konnte er die divergierenden Strömungen innerhalb der Aktivitas ausgleichen, auf Lösungen hinarbeiten und gleichzeitig dem Komment für studentisches Verhalten die nötige Nachachtung verschaffen. Dahinter stand sein juristisches Gewissen, das er im Laufe des Studiums gebildet hatte. Spruchreif war damals die Gründung der Genossenschaft Kyburgerhaus. Unter dem Vorsitz von Hafner/Tank erfolgte sie im Sommer 1971 mit dem Kauf des Hotel-Restaurant Splendid. Als Kistler/Jalon 1975 aus dem Vorstand zurücktrat, stellte sich Primus mit seinen Kenntnissen als Wirtschaftsjurist zur Verfügung. Während voller 23 Jahre wirkte er mit seinem Können und Wissen für unsere Genossenschaft. Besonders zu erwähnen sind der Kauf des Zunfthauses Linde Oberstrass verbunden mit dem Verkauf des Splendid, die verschiedenen Sanierungen und die Zusammenarbeit mit der seinerzeitigen Betriebsgesellschaft.

Unter unseren Couleur-Damen lernte Primus seine künftige Gattin Christiane Ruedin kennen. Beide entdeckten ihre gemeinsamen Wertvorstellungen von Familie und Gesellschaft. 1973 heirateten sie in Zürich-Enge und bezogen eine Wohnung in Adliswil. Gleichzeitig promovierte Primus an der juristischen Fakultät der Universität Zürich zum Dr. iur., was er 1977 mit der Arbeit «Die Insolvenzerklärung als Mittel zur Abwehr von Pfändungen» abschloss. Eher zufällig, wie er sagte, kam er 1978 zur Verwaltung des Kantons Zürich. Im Generalsekretariat der Finanzdirektion fand er Gelegenheit, sein Wirken voll zu entfalten. Anlässlich seiner Pensionierung nach 28 Jahren im kantonalen Dienst wurde er gewürdigt mit den Worten: «Sein Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge, sein breites juristisches Wissen und seine gewissenhafte Aufgabenerfüllung waren bei verschiedensten Problemstellungen von grossem Nutzen».

Schon als Aktiver hatte Primus den öffentlichen Verkehr benutzt. Weil es damals noch Polizeistunde gab, kannte er jede Tramverbindung, die ihn zu später Stunde sicher nach Hause bringen sollte. Nicht dass er dem motorisierten Individualverkehr, sprich dem Auto, abgeneigt gewesen wäre. Trotzdem spielte der Fahrplan der SBB eine wichtige Rolle bei seinen Überlegungen zum Standort seines Eigenheims. Dieses konnte er 1976 in Effretikon beziehen. Hier wuchsen nun seine drei Kinder Cornelia, Damian und Markus auf. Als Cornelia später Medizin studierte und einen Arzt heiratete, erhielten die Juristen in der Familie ein akademisches Gegengewicht. Schwiegervater, Schwager, Sohn und Schwiegertochter bildeten fortan mit Primus zusammen den «Juristen-Clan», während Damian heute als CEO einer Bank der Affinität seines Vaters zu dieser Branche folgt.

Im Eigenheim begnügte sich Primus nicht mit grünem Rasen. Er richtete sich einen Gemüsegarten für die Selbstversorgung her und pflegte einen prachtvollen Blumengarten. Ich erinnere mich gut an seine erste Einladung, als er uns noch im blauen Überkleid empfing. Schon früh kümmerte er sich auch um die rationelle Verwendung von Energie. Er liess eine Luftwärmepumpe einbauen und fand damit 1981 Erwähnung im Buch «Sparobjekt Einfamilienhaus» von Wick/Kran.

Das Familienleben und die Gastfreundschaft hatten für Primus einen hohen Stellenwert. Gerne machte er Einladungen. Die Zeit mit der Familie geniessen konnte er besonders beim Wandern und im Winter beim Langlauf. Oft haben sich Christiane und Primus später gewundert über die waghalsigen Bergtouren, welche sie mit den Kindern unternommen hatten. Gut geplant und vorbereitet hatte er sie allemal. Wandern und die Kenntnisse der Schweiz waren für ihn eine grosse Leidenschaft. Nannte man ihm einen Weg, einen Pass oder einen Gipfel, so konnte er sie ohne Zögern einordnen, oder er antwortete: «Das habe ich noch auf meiner Pendenzenliste!»

In Effretikon engagierte sich Primus politisch und religiös im öffentlichen Dienst. Bereits 1978 setzte er sich ein als Präsident der Ortspartei der CVP. Ein Jahr später wirkte er in der Baukommission für Kirche St. Martin mit. Eingeweiht wurde sie 1983. Dann übernahm er für sechs Jahre das Präsidium der Kirchgemeinde Illnau-Effretikon – Lindau – Brütten. Das alles war möglich dank der tatkräftigen Unterstützung seiner Frau Christiane während ihrer mehr als 50jährigen Ehegemeinschaft. Kulturell waren beide nun eher nach Winterthur ausgerichtet, wo sie gerne Theater und Konzerte besuchten.

Bei seiner Tätigkeit für die Finanzdirektion des Kantons Zürich wurde Primus von seinen Vorgesetzten grosses Vertrauen entgegengebracht. Der Fall war dies insbesondere bei der Konkretisierung und Umsetzung des Versicherungskonzepts des Kantons mit seinen gewichtigen Annex-Anstalten sowie bei der Abordnung als Geschäftsführer einer Immobilien-AG, als Stiftungsrat einer Vergabestiftung oder als Sekretär des Erdölkonkordats. Hier konnte er an den Militärdienst bei der Artillerie anknüpfen, den er als Schiesskommandant beendet hatte. Zielgerichtetes Vorgehen, logisches Planen, exaktes Rechnen und wo nötig Korrigieren – da war er schon seit der Mittelschule in seinem Element und es erstreckte sich auf weitere Lebensbereiche. Seine Anstrengungen brachten ihm zusätzliche Kontakte und Reisen, hatten aber gesundheitliche Folgen. Deshalb freute er sich sehr auf den Ruhestand zusammen mit seiner Familie und den inzwischen sieben Grosskindern.

Gleichwohl traten gesundheitliche Probleme immer stärker zutage. Wie schon früher bei der Trigeminus-Neuralgie gab Primus nicht auf, auch nach vier schweren Operationen nicht. Er kämpfte weiter. In den letzten Monaten war er deshalb oft unterwegs zwischen Hausarzt, Onkologe und Pneumologe. Schliesslich nahmen die Schmerzen dermassen überhand, dass nur noch palliative Medizin wirken konnte. Wenn er Schmerzpflaster benutzte und sie am Knochengerüst zur Linderung auf dem Rücken befestigte, bemerkte er mit trockenem Humor: «Das sind nun die Ansatzpunkte für Flügel. So wird es mir möglich sein, als Engel meine Touren auf der Pendenzenliste doch noch zu machen.»

Wer mit Primus näher Kontakt pflegte, erhielt von ihm und Christiane regelmässig gute Wünsche zu Neujahr. Inspiriert sind sie von einem Foto mit passend gewähltem Sinnspruch und enthalten persönliche Gedanken. Wir dürfen sie vor allem jetzt, in der Zeit der Trauer, als Trost mit auf den Weg nehmen. «Induamur arma lucis» – so hiess unser Wahlspruch in der Struthonia. Primus hat es geschafft, die Werke der Finsternis hinter sich zu lassen und gut gerüstet das Licht in den werdenden Tag zu tragen. «Tapfer und treu» - so lebte er als Kyburger, besonders in den letzten Jahren. Lieber Primus, wir vermissen Dich.

Bruno Meyer v/o Trax