Pater Notker Strässle v/o Notker, 12.04.1938-19.01.2024
20.01.2024 - Franz Koch v/o Naso
Nachruf
Pater
Notker Strässle v/o Notker
Rusana, AKV Kyburger
12.04.1938 - 19.01.2024
Am 12. April 1938 nahm Notkers Lebenslauf seinen Anfang. Er war der zweitjüngste Spross einer kinderreichen Unternehmerfamilie und wurde auf den Namen Paul getauft. Die Primarschule besuchte er in St. Gallen Schönenwegen und wechselte 1951 ins Kollegium Karl Borromäus nach Altdorf, wo auch schon sein 11 Jahre älterer Bruder die Gymnasialzeit verbrachte. Paul liebte die geisteswissenschaftlichen und musischen Fächer mehr als Physik und Chemie. 1958 bestand der junge Student erfolgreich die Matura und wechselte an die Alma Mater Turicensis mit dem Ziel, Germanistik zu studieren. Da lernten wir uns kennen, nicht an der Uni, weil ich ja an der ETH studierte, sondern bei der akademischen Kommentverbindung „Die Kyburger“. Wir beide traten, nebst weiteren 18 Füxen, im Herbst 1958, also vor 65 Jahren, in die Verbindung ein. Seither pflegten wir eine schöne Freundschaft, hatten oft Kontakt miteinander. Dies vielleicht auch, weil ich im zu Mariastein nahen Fricktal heimisch wurde.
Paul war der Schw.St.V. bekannt. In Altdorf wurde er Rusaner und wurde 1956 bei der GV Brig in den Gesamtverein aufgenommen. Bei den Kyburgern bekam er nach einem intensiven Beichtgespräch den Studentennamen Notker, sicher noch nichts ahnend, dass er später einmal den gleichen Ordensnamen erhalten würde. Nach 5 Semestern wechselte Notker für ein Studiensemester an die Universität nach Wien. Mit dabei war auch Nass, der dort sein medizinisches Wissen vertiefen wollte. Die beiden waren vielseitig und kulturell interessiert. Sie genossen das Studentenleben und waren so auch oft als Verkehrsgäste am Stamm der OeCV-Verbindung „die Bajuwaren“ anzutreffen. Das Wiener Studium schlossen sie mit einer langen Heimfahrt über Slowenien, Kroatien und Italien ab und landeten dann beim Bruder von Nass im Tessin. AH Fürli war dafür besorgt, dass sich die beiden wieder mal richtig reinigen konnten und auch mit Schweizer Kost verpflegt wurden. Dann Mitte Juli erlebte ich die grosse Überraschung: Notker erklärte mir, dass er ab Oktober 1961 als Novize ins Kloster Mariastein eintrete. Er, der sich an unseren Verbindungsbällen immer als guter Tänzer hervortat. Kommt das gut, fragte ich mich, meldete ihm aber keine Bedenken an. Bei einem würdigen Kommers im Restaurant "Zu den Vier Wachten" verabschiedeten wir unseren Freund für immer ins Kloster. Glück war für uns, dass er sich nicht für ein geschlossenes entschied. So blieb uns die Zuversicht, dass die Trennung nicht endgültig war.
Notker studierte nach seinem Noviziat in Einsiedeln Philosophie und später wieder in Mariastein Theologie, bevor er dann am 31. Juli 1966 zum Priester geweiht wurde. Eine ansehnliche Schar Kyburger durfte mit dem Neupriester seine Primiz im Kloster Glattburg feiern und beim folgenden Festmahl in Flawil teilnehmen. Nach dieser Ausbildungszeit wurde der Pater, wie er nun genannt wurde, zuerst Lehrer und dann Präfekt am Kollegium in Altdorf. Da war ihm natürlich Vieles bekannt, Land und Leute im halben Urnerland. Mit der Rückgabe des Klosters Mariastein durch den Kanton Solothurn an den Benediktinerorden kam auch die Zeit, wo die Patres sukzessive von Altdorf nach Mariastein heimkehrten und hier ihre neuen Aufgaben übernahmen. Bei der festlichen Übergabefeier durfte Pater Notker als Dirigent mit seiner „Kollegimusik“ in Mariastein öffentlich auftreten. Auf der Heimfahrt ins Urnerland machte Notker mit seinen Musikanten einen Umweg und beglückte uns in unserem Garten mit einem tollen Ständchen, sicher mit der Absicht, dass Theres und ich bereit waren, seiner Schar den Hunger zu tilgen und den Durst zu löschen.
In der Altdorfer Zeit von 1967 bis 1978 war Notker oft auch an den Wochenenden als Aushilfspriester gefragt, so auch im Maderanertal. Da kam Notker die Idee und jetzt zitiere ich AH Niklaus Fischer v/o Bestimmt, Maturakollege und Biersohn von Notker, aus seinem Artikel aus der Festschrift „75 Jahre Kyburger“:
„Da kam Notker die Idee, den Kyburgern in diesem herrlichen Bergtal ein rustikales Familienwochenende anzubieten. Seiner Einladung zu einer zweitägigen Wanderung folgte eine frohe Schar in spontaner Begeisterung. Aus Notkers damaliger Idee einer einzigen wunderschönen Bergwanderung ist eine beliebte Tradition geworden, die das Jahresprogramm der Kyburger während vollen 41 Jahren um einen wesentlichen Inhalt reicher werden liess.“ Als Notker nach Mariastein zurückkehrte, änderte er die Ziele seiner Wanderungen. Aber immer noch waren sie interessant und gern besucht, sei es im Berner Oberland, im Jura, ins Elsass, im Schwarzwald oder am Unterrhein. Da waren selbst noch Hochbetagte, aber auch viele Kinder dabei. Einzelne Junge entschlossen sich später sogar bei den Kyburgern einzutreten.
Als Pater übernahm Notker in Mariastein vielfältige Aufgaben, wie es Abt Peter und die Klostergemeinschaft auf ihrer Todesanzeige recht ausführlich mitteilen. Diese Arbeit machte ihn beliebt und bekannt. Er bekam so einen weiten Bekanntenkreis, einerseits als Religionslehrer an der Kreisschule Flüh, anderseits als Wallfahrtspriester und später auch -leiter, ist doch Mariastein immer noch der zweitgrösste Wallfahrtsort der Schweiz. Gerne wäre er an dem einen oder anderen Kyburgeranlass mehr dabei gewesen. Er konnte sich aber einfach nicht aufteilen. Und trotzdem erklärte er sich für uns Kyburger immer wieder bereit, den kirchlichen Dienst, sei es für Trauungen oder Beerdigungen, zu übernehmen. Als er von seinen Pflichten mehr und mehr entlastet wurde, erfreute sich Notker an jedem Kyburger Pilgerer, der den Weg nach Mariastein auf sich nahm, um auch ihn zu treffen. Eine stattliche Anzahl Rosabemützter überraschte ihren Freund mit der Teilnahme an seiner goldenen Profess im November 2012 und bei seinem goldenen Priesterjubiläum am 30. Juli 2016. Notker war tief berührt und sah, was den Kyburgern Lebensfreundschaft bedeutet.
Während seiner spärlichen Freizeit standen die Natur, das Wandern - hauptsächlich in seinem geliebten Engadin - und das Fotografieren im Vordergrund. Notker organisierte Wanderwochen mit Jugendlichen aus der Region. Er plante zusammen mit Theologin Sibylle Hardegger ausgedehnte, interessante Kulturreisen im nahen und ferneren Ausland. Miteinander stellten sie für die Teilnehmer schöne Tages-programme zusammen und am Abend durften gute Gespräche bei einem gespendeten Apéro, einem guten Essen und einem „Verrisserli“ nicht fehlen. Der Teilnehmerkreis setzte sich aus Freunden und Freundinnen seines ansehnlichen Bekanntenkreises zusammen, darunter natürlich, wie könnte es anders sein, auch ein paar Kyburger mit ihren Frauen. Die vielen, ja unzähligen Fotoaufnahmen überarbeitete der Klosterfotograf, wie sie ihn in der Ordensgemeinschaft nannten, zu interessanten Dia- und Tonbildschaus oder zu alljährlich wiederkehrenden, anre-genden Ausstellungen im Kreuzgang des Klosters.
Nun ist Notker still und leise von uns gegangen.
Seine beiden Leitsprüche „Ora et Labora“ der Benediktiner und „Tapfer und Treu“ der Kyburger begleiteten ihn bis zu seinem Tod.
Lieber Notker: Wir danken Dir für Deine Freundschaft, ruhe in Frieden!
Franz Koch v/o Naso