Beat Zwimpfer v/o bijou, 10.01.1928 - 21.08.2013

21.08.2013 - Carl Hans Brunschwiler v/o Skeps, AKV Neu-Romania

Nachruf

Dr. iur.

Beat Zwimpfer v/o bijou

Kyburger, Neu-Romania

10.01.1928 - 21.08.2013

 

Liebe Kyburger und Neu-Romanen, STVer und Freunde

Wir haben unsern Freund Beat Zwimpfer v/o bijou auf dem Friedhof Rosenberg zu seiner letzten Ruhestätte begleitet, die er sich selbst schon vor Jahren mit einer feinen Bronzeplastik aus seinem Garten vorbereitet hat. Nach dem Gottesdienst in seiner Pfarreikirche St. Laurentius haben wir uns nun im engeren Freundeskreis zur studentischen Abschiedsfeier eingefunden. Es geht hier nicht darum, schon Gehörtes zu wiederholen. Das in Familie und Beruf, Militär, Kirche, Politik und Öffentlichkeit Geleistete spricht für sich: Das Werk lobt den Meister. Ich möchte nun versuchen, die Persönlichkeit, die solches vollbrachte, in ihrem Wesen, das sich in der Freundschaft äusserte, zu erfassen. Freundschaft war das Zauberwort bijous, in ihr wurzelte alles, für sie gab er alles.

Den Freund kann nur der Freund erfassen. Dabei muss ich für alle, die es nicht wissen sollten, festhalten, dass bijou und ich recht verschieden waren, dass wir uns gegenseitig auf die Nerven gaben und achteten und schliesslich immer unzertrennlicher wurden. Ich werde ihn sehr vermissen.

Unser gemeinsamer Weg reicht weit zurück. Beat Zwimpfer war 1 Jahr und einen Tag jünger als ich (er hatte am 10., ich habe am 9. Januar Geburtstag). Er war eine Klasse unter mir im Kollegi Engelberg, das für uns beide zum Angelpunkt wurde. Dort trat er der Angelomontana und damit dem STV bei. Noch vor mir zog er nach Fribourg und zur Neu-Romania. Obwohl ganz und gar Neu-Romane (u.a. in den Chargen des Fuchsmajors und Seniors) schmiedete er sich zusätzlich einen engeren Freundeskreis, zu dem ich – ebenfalls etwas verspätet - gehören durfte. Dabei spielte sein Elternhaus in Aarau, von dem er sich ein Leben lang nie ganz befreien konnte, eine wichtige Rolle. Vater Hansli aus dem ländlichen Oberkirch und die Ahnfrau mit weltläufigen Wurzeln in Bayern und Zürich boten uns im Zahnarzthaus der aargauischen Diaspora grossartige Maecenatum Caritas. Die Teilnehmer der Tafelrunde sind namentlich zu erwähnen, da sie für Wesen und Leben bijous archetypisch waren: Bruno Fasel v/o Ruchti, Mario Oss v/o Klex, Pater Wolfgang Hafner v/o Lupambulus, Max Müller v/o Solo, Urs Cavelti v/o Druck, aus der Familie ergänzt durch den Bruder Plato und den Cousin Dosis. Solo, Dosis und ich sind die letzten Überlebenden.

Die Gastfreundschaft auf der sogenannten "Protzenalp" wurde durch bijou nach der Gründung eines eigenen Hausstandes in Winterthur weitergeführt. Noch im Januar dieses Jahres waren wir anlässlich seines 85. Geburtstages zur 60. und letzten Amicale im prächtigen Haus an der Weinbergstrasse. Dort meisterte die geliebte und treue Gattin Brigitt Haus und Tafel. Hier war auch der Treffpunkt weiter Kreise von STVern, Politikern, Pfarrern und aller Gattung Freunde. Im "Aussendienst" war bijou ebenso unermüdlich tätig: An Stämmen, Mittagessen und Freundschaftsreisen. Von Brigitt getreulich sekundiert in zugehörigen Frauenkränzchen.

In diesem Zusammenhang ist es jetzt höchste Zeit, auf die Kyburger sprechen zu kommen. Zum Schluss des Studiums war bijou nach Zürich zu den Kyburgern, der angestammten Verbindung seines Vaters Hansli und Bruders Bär, gezogen. Hier entfaltete er ein ebenso intensives Verbindungsleben wie seinerzeit in der Neu-Romania, jetzt vorab in der Altherrenschaft, deren Präsidium er lange Zeit umsichtig und nachhaltig (man denke an das Verbindungshaus) innehatte. Schwer zu sagen, ob er mehr Neu-Romane oder Kyburger war. Wir Bauern von der Neu-Romania waren jeweils gespannt, mit welchen Farben er an STV-Anlassen auftreten würde (wenn es vornehm zu und her gehen sollte, wohl eher rosa). Mit umgekehrten Vorzeichen war er in der gleichen Situation wie der Kyburger und Neu-Romane Oss v/o Klex, dem ich vor fast genau 19 Jahren (am 30. August 1994) in Stäfa die Trauerrede hielt.

Dem Perfektionismus bijous entsprechend figuriert auf der Todesanzeige eine zweite Adresse: Lausanne, rue de la Barre 7. Sie symbolisiert für mich den letzten Abschnitt unserer Freundschaft, die hier ihre Vollendung erfuhr. Bei der Winterthur-Versicherung war Direktor Zwimpfer mir der Gründung des Versicherungszweiges Rechtsschutz betraut. Dies führte ihn zu häufigen Besuchen der Zweigniederlassung in Lausanne, in welcher Stadt ich inzwischen mein letztes berufliches Wirkungsfeld gefunden hatte. Auf die Pensionierung hin suchte bijou - neben dem Chalet "Argovia" im ländlich-gebirgigen Gasenried – eine Zeitwohnung in einem urbanen fremdsprachigen Umfeld, in welche der Glückspilz den Erlös einer ihm aus der Erbschaft einer Tante zugefallenen Liegenschaft investieren wollte. Die herrschaftliche Fabrikantenvilla im Tösstal wusste er vernunftgemäss loszulassen, besiegelte aber den Auszug mit einem grandiosen Latifundienfest für seinen grossen Freundeskreis. Ich selber hatte zu jener Zeit auf der Suche einer das Lausanner Gastspiel überdauernden Bleibe in schwierigem Entscheidungsdilemma das Angebot einer verführerischen Dachwohnung in der Cité losgelassen. Der Verzicht sollte mich nicht ewig wurmen, denn zu einem günstigeren Zeitpunkt konnte ich bijou in dieses ihm so adaequate Nest setzen. Zum Dank dafür durfte ich dort dauernd Gastrecht (ohne Mitbringsel-Zwang) geniessen. Hier fand unsere Freundschaft ihren neuen kulinarischweinseligen Mittelpunkt. Bijou seinerseits erschloss sich ein zusätzlicher STVer Kreis in der Cellule de la Riviera zu Montreux (wo er mich bald in der Stammpräsenz übertraf). Und Brigitt gewöhnte sich daran, eine neue Klientel zu bekochen, u.a. den Organisten der Kathedrale Lausanne, den wir in der Kirche zusammen mit seiner singenden Frau hörten (mit den Zelebranten u.a. Altabt Nathan von Engelberg schloss sich der Kreis ökumenisch).

Inzwischen sind wir in die Jahre gekommen. Langsam schlichen sich Gebresten ein, mit denen bijou besser umzugehen wusste als ich. Mit unglaublicher Gelassenheit steckte er den Verlust des Sehvermögens auf einem Auge ein. Eine Gürtelrose hinterliess dauernde Nervenschmerzen, zu denen sich eine Polymyalgie gesellte. Für den sitzgeschädigten Rücken und zappelnde Beine wurde der Backel des strammen Couleurstudenten zur notwendigen Gehhilfe (allemal mit einem Silberknauf). Ein Teil des Alkoholkonsums wurde durch Medikamente ersetzt, die ja auch für etwas da seien. Die Nachtruhe wurde nach hinten und vorn ausgedehnt. Doch immer blieb bijou voll im Betrieb. Wie eh und je wurde alles minutiös geplant; von der Planung durfte nicht abgewichen werden. Noch fünf Tage vor seinem Tod notierte bijou in seiner Agenda den Sternenstamm in Wettingen, den wir am vergangenen Montag in seinem Gedenken abhielten.

Sogar das Sterben beziehungsweise die Gestaltung der Abschiedsfeier wurden - wenn auch zeitlich unbestimmt - planerisch erfasst (vom Grabdenkmal war schon eingangs die Rede). Auch auf den Tod war bijou vorbereitet. Es ging aber viel schneller (bijou war immer ungeduldig), als wir alle ahnten. In der Nacht vom 18. auf den 19. August notfallmässig ins Spital eingeliefert, vollendete bijou in den frühen Morgenstunden des 21. August seinen zielstrebigen Lauf, den er auf der Todesanzeige unter das Zitat von Karl Rahner stellen liess:

"Gott, ewiges Geheimnis unseres Daseins.
Weil Du allein unser endloses Ende bist,
darum haben wir eine Unendliche Bewegung
der Hoffnung vor uns."

In dieser Hoffnung stehen auch wir beim Abschied von Dir, lieber Freund bijou.

 

Carl Hans Brunschwiler v/o Skeps, AKV Neu-Romania

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