Leo Wyrsch v/o Strom, 07.12.1926 - 31.08.2016

31.08.2016 - Thomas Füglister v/o Batze

Nachruf

Dipl. El. Ing. ETH

Leo Wyrsch v/o Strom

Kyburger

07.12.1926 - 31.08.2016

 

 

Wir haben uns hier auch zusammengefunden, um von unserem lieben Leo Wyrsch v/o Strom Abschied zu nehmen. Nachdem in der kirchlichen Abdankung am 13. September 2016 seine Lebensstationen beruflich und familiär mit seinen eigenen Worten beschrieben worden sind, verbleibt mir, dem ausdrücklichen Wunsch des Verstorbenen zu entsprechen und hier vor allem eine persönliche Würdigung anzufügen, welche vor unserer beider Lebenszeit zurückreicht.

Es hätte aus meiner Sicht gewiss berufenere Sprecher gegeben, welche Strom noch als Aktiven erlebt haben. Aber Strom hat sich in den letzten Jahren sehr stark mit seinen Wurzeln, seinem Herkommen, seiner Jugendzeit beschäftigt und glaubte, in mir einen Kyburger gefunden zu haben, der darüber noch etwas berichten kann. Ich werde versuchen, dies im Andenken an Strom nach bestem Wissen zu tun.

Obwohl Strom zur Zeit meiner Geburt aktiver Bursche bei den Kyburgern war, sind wir, zeitlich verschoben, quasi unter dem gleichen Dach aufgewachsen. Das kam so: Die Beziehungen unserer beiden Familien reichen weit über hundert Jahre zurück und haben ihren Ursprung in der Freundschaft unserer Grossväter. Sein Grossvater war Alfred Wyrsch, geb. 28. März 1872 in Wettingen. Er entstammte einem alten Nidwaldner Geschlecht und war Sohn von Grossrat Bernhard Wyrsch, Landwirt und Besitzer des Klosterhofes in Wettingen. Dieser, sein Grossvater, Alfred Wyrsch, war Jurist und Anwalt in Baden aber auch eine bedeutende Persönlichkeit der Katholisch Konservativen zu Beginn des letzten Jahrhunderts und er war u.a. Nationalrat von 1907 bis zu seinem frühen Tod 1924. Man sagt, er sei ein Volksmann im Sinne des Wortes gewesen, sein leutseliges Wesen habe ihm Vertrauen bei den Bauern, den Gewerbetreibenden und Arbeitern verschafft. Konservativ in religiös-politischen Fragen, aufgeschlossen in sozialen- und Wirtschaftsproblemen, hat er eine versöhnende Politik verfolgt und dadurch die Zusammenarbeit aller Berufe und Stände in der Partei ermöglicht. Er hat grossen Anteil daran, dass 1907 der kath. konservativen Volkspartei eine straffe Organisation und v.a. die Eingliederung der Christlichsozialen gelang.

Seinen Sohn, geboren 1900, taufte Alfred Wyrsch Leo, gewiss auch, um seiner Verehrung für Papst Leo XIII und dessen Enzyklika "rerum novarum", die einen Grundstein der christlich-sozialen Bewegung darstellt, zum Ausdruck zu bringen. Nun war Stroms Grossvater Alfred Wyrsch befreundet mit dem Landwirt Karl Füglister im nahen Spreitenbach, meinem Grossvater, und übrigens auch Grossvater unseres viel zu früh verstorbenen, lieben Viktor Füglister v/o Anglo.

Als nun Leo, der Vater von Strom, 1915 ins Kollegium Maria Hilf Schwyz eintreten sollte, da entschloss sich auf Betreiben von Alfred Wyrsch auch mein Grossvater seinen Sohn Johann, meinen Vater, in die gleiche Schule zu schicken. Die beiden besuchten die technische Abteilung, wie sie damals hiess, zusammen mit dem nachmaligen Kyburger Leo Bodenmüller v/o Box und sie bestanden alle drei 1919 die Matura. Leo Wyrsch sen. und mein Vater blieben einander verbunden, gründeten ihre Familien und beschlossen, in Höngg, damals eine eigene Vorortsgemeinde von Zürich, ein Doppel-Einfamilienhaus an der Ottenbergstrasse zu erwerben. Dort, wo ich zwanzig Jahre später als Jüngster unserer Familie aufwuchs, verlebte auch der älteste Sohn von Leo Wyrsch sen., unser Strom, seine ersten zehn Jahre. Bald bekam er auch Gesellschaft von meinen älteren Geschwistern. Nach ihnen hat er sich, so lange sie lebten, immer wieder erkundigt. Leo sen. und mein Vater bildeten mit anderen Studenten aus Baden und Umgebung, meist ehemalige Suitianer, eine eigene Studentenverbindung, die Limania. "Tout Baden" war Anfang der Zwanziger Jahre in dieser Verbindung - heute würde man sie vielleicht als Regionalverband im St.V. bezeichnen - beteiligt. Da war auch unser Fritz Füglister v/o Schmelz dabei, die Kaufmanns, von denen ein Spross der Journalist und ehemalige Civitas-Redaktor Willy Kaufmann v/o Spurt vielen ein Begriff ist. Ebenso der Unternehmer Emil Reinle, die Brüder Brodowsky, der nachmalige Zahnarzt Notter und viele andere nahmen an den fröhlichen Anlässen teil. Der 1926 geborene Strom, der das alles selber, wie ich, aus den Gesprächen der Erwachsenen in seiner Kindheit mitbekam, bat mich ausdrücklich diese Periode noch einmal aufleben zu lassen. Diese Zeit fällt für Strom mit seinen ersten zehn Jahren in Höngg zusammen. Für Strom waren das glückliche Jahre.

Die Scheidung seines Vaters Leo von seiner Frau Barbara (geb. Schiesser), die er schon zu Kollegizeiten mit legendären Liebesbriefen umworben hatte, bildete einen tiefen Einschnitt in seinem Leben. Es muss ihm wie die Vertreibung aus dem Paradies vorgekommen sein. Aber das hat auch ungewöhnliche Kräfte geweckt. Strom zog mit seiner Mutter von Höngg zuerst nach Wettingen zurück, dann wieder nach Zürich, nach Wollishofen. Die Mutter übernahm die Vertretung einer Firma, die Wäsche herstellte und zog - so erzählte es Strom noch anlässlich eines Besuches am 20. April 2016 - anfänglich noch mit einem Leiterwagen, später mit dem Auto von Kundin zu Kundin. Er absolvierte die Sekundarschule und darauf bei der damaligen BBC eine Maschinenzeichnerlehre, die er im Jahre 1946, mit zwanzig Jahren abschloss. Der zielstrebige und intelligente junge Mann brachte es zudem fertig, gleichzeitig an der Juventus, an der unser Altherr Anton Huonder v/o Storch beteiligt und als Lehrer engagiert war, die Matura vorzubereiten und 1946, im gleichen Jahr wie seine Lehrabschlussprüfung, die eidg. Matura in Basel zu bestehen und auch die Rekrutenschule zu absolvieren. Wahrlich ein Kraftakt! Er studierte, wie schon sein Vater, an der ETH und trat 1946 den Kyburgern bei. Nach seinen Worten war für diese Wahl einerseits Storch verantwortlich, anderseits hat ihm das Rosa unserer Mützen am besten gefallen! Sein Leibbursche war Alfred Büchel v/o Specht, der ihn offenbar so erfolgreich durch die Fuxenzeit geführt hat, dass ihn die Kyburger schon am Weihnachtskommers 1947 burschifizieren konnten, nachdem er an der GV Einsiedeln im gleichen Jahr in den St.V. aufgenommen worden war. Strom schloss seine Studien 1950 mit dem Diplom als El. Ing. ETH ab. Zu Stroms aktiven Zeiten war man (das erste Mal) im St. Peter, der Stamm blühte und Strom erlebte die sehr ereignisreiche Aufbruchszeit nach dem II. Weltkrieg. In diesen Tagen entstand der Begriff der Lebensverbindung, was auch in der 1948 in den Statuten vollzogenen Integration der Aktiven und der Alten Herren unter einem gemeinsamen Dach seinen Ausdruck fand. Mario Oss v/o Klex, Josef Schmidlin v/o Diavolo, Franz Domman v/o Farad, Werner Krucker v/o Chlor, Hans Zwimpfer v/o Bär, Beat Neuhaus v/o Charme, der 1949/50 auch CP war, und Tino Kistler v/o Jalon, waren die Senioren jener Tage und Strom, der sein Studium weitgehend selber finanzierte, übernahm immerhin einmal das Amt des Aktuaren.

Nach Abschluss seiner Studien arbeitete Strom bei Siemens und bei der BBC im Starkstrombereich als Verkaufsingenieur. Er heiratete Berta, geborene Meier aus Baden, die ihm zwischen 1959 und 1966 fünf Kinder schenkte. Nur zwei Tage vor seinem Tod verstarb Stroms zweite Tochter Bernadette im Alter von 55 Jahren nach schwerer Krankheit.

Ich habe Leo Wyrsch v/o Strom viele Jahre lang immer wieder als liebenswürdigen Gesprächspartner vor allem am Stamm im Zeughauskeller erleben dürfen. Baden, seine Geschichte und Geschichten haben ihn sein Leben lang interessiert und er nahm stets Anteil am Geschehen in meiner Familie.

Nun ist dieses vertraute, freundliche Gesicht nicht mehr. Er hat der Verbindung zeitlebens die Treue gehalten. Nun wünschen wir: Herr gib ihm die Ewige Ruhe. Und das ewige Licht leuchte ihm, Herr lass ihn ruhen in Frieden!

 

Thomas Füglister v/o Batze

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