Bernhard Glutz v/o Benzol, 29.03.1939–07.08.2015

07.08.2015 - Franz Koch v/o Naso

Nachruf

Dr. sc. techn. ETH

Bernhard Glutz v/o Benzol

Kyburger

29.03.1939–07.08.2015

 

Liebe Kyburger, Liebe St.Ver,

am 29. März 1939, kurz vor Beginn des 2. Weltkrieges, wurde Bernhard als erster Sohn und Stammhalter der Familie Hermann und Marta Glutz von Blotzheim – Reinert in Schaff-hausen geboren. Allerdings war es hier wegen der politischen und konfessionellen Lage als Katholik nicht gerade ideal zu wohnen. Bernhard berichtete uns jedenfalls später, dass er als Fünfjähriger am 1. April 1944 die Bombardierung durch die Amerikaner hautnah erlebt und dieses Ereignis ihm einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Nach dem Umzug in die Vaterstadt Solothurn im Jahre 1950 wuchs er zusammen mit 2 Brüdern und einer Schwester im grosselterlichen Haus auf, besuchte dort die Volksschulen und den ersten Teil des Gymnasiums. Er fühlte sich hier gut aufgehoben. Wieso es ihn dann an die Engelberger Klosterschule zog, weiss ich nicht. Ein Grund könnte der frühe Tod seines Vaters gewesen sein. Jedenfalls bestand Bernhard dort 1958 die Matura Typus A als Klassenbester. Seine Affinität zu chemischen Experimenten erleichterte ihm die Berufswahl und führte ihn trotz mehreren, schweren Verbrennungen zum Chemiestudium an die ETH nach Zürich.

Im Herbst 1958 also nahm Bernhard das Studium auf, an einem Ort, wo auch schon seine Vorfahren sich ausbilden liessen. Er trat als Anglomontaner, zusammen mit 3 weiteren Maturakollegen, gleichzeitig bei den Kyburgern ein. Ob er damals bereits an der Stammzüglete vom Restaurant Commercio beim Hauptbahnhof durch die Bahnhofstrasse ins Hotel St. Peter beim Paradeplatz mithalf, ist nicht belegt. Sicher aber ist, dass er am darauffolgenden Chlauskommers in Siebnen auf den Namen Benzol getauft wurde. Dieser Anlass ist für die Kyburgergeschichte einmalig und deshalb erwähnenswert, weil doch immerhin 20 Füxe gleichzeitig in die Verbindung aufgenommen wurden, darunter auch Strässle v/o Notker, der Zelebrant des heutigen Trauergottesdienstes, Blötzer v/o Stamm, den wir heute vor 3 Wochen beerdigt haben und meine Wenigkeit.

Das Studium nahm Benzol sehr gewissenhaft in Angriff, bestand seine Examen in der Minimalzeit und erhielt schliesslich nach 7 Jahren den Titel eines Doktors der technischen Wissenschaften der ETH. Gleichzeitig war Benzol aber ein regelmässiger Stammbesucher - wie es damals noch Usus war- hörte gerne den Tischgesprächen zu und gab, wenn nötig, auch seine Meinung ab. Sein schalkhaftes Lächeln erfreute sich am einen oder anderen Studentenstreich. Zu den Urhebern solcher Taten gehörte er aber nicht. Kennel v/o Strong als sein Leibbursch und Biervater führte ihn in das Verbindungsleben ein, Chemiestudent Frey v/o Spur in die Laborarbeiten am Institut an der Uni-Strasse. Benzol stellte sich für Aufgaben der Verbindung gerne zur Verfügung, übernahm so die Chargen eines Aktuars und Conseniors und krönte, vor seinem Uebertritt in den Altherrenverband, seine Aktivzeit als Burggraf der Kyburger im WS 1962 /1963. Das Verbindungsleben forderte uns recht stark, nicht zuletzt, weil wir damals die ganze Vorbereitung zum denkwürdigen Jubiläum „50 Jahre Kyburger“ im Jahre 1962 mit zu tragen hatten. Benzol war die rechte Hand des Jubelseniors Ming v/o Custos, beides Alt-Engelberger und Consemester.

Benzol heiratete 1966 Verena Frey, Tochter unseres Altherrn Trab, gewesener Tierarzt in Mellingen. Im Laufe der Zeit wurden ihnen die Kinder Niklaus, Barbara und Stephan geschenkt. Benzol nahm nach einem kurzen Abstecher bei der eidg. Alkoholverwaltung vorerst eine Stelle bei der Viscosuisse in Emmenbrücke an, bevor dann die ganze Familie in die Region Basel übersiedelte und sich schliesslich in Münchenstein ein Haus erwarb.

Bei Sandoz AG in Basel erhielt der junge Chemiker eine interessante Stelle und setzte so seine berufliche Karriere fort bis er schliesslich für die Sicherheit aller Werke des Konzerns zuständig wurde, ein überaus verantwortungsvoller Posten, der ihm sicher viel Kraft kostete.

Erholung zusammen mit Gleichgesinnten war deshalb für Benzol eine gern gesuchte Abwechslung, obwohl die Zeit dazu sehr knapp war. So besuchte er, wenn möglich, die hochoffiziellen Verbindungsanlässe in Zürich. Benzol mit Vreni und Familie aber waren immer sichere Teilnehmer an der im Kyburger - Jahresprogramm fest verankerten „Notker-Wanderung“. Es war für ihn Pflicht dabei zu sein, durfte er doch Notker als Ministrant, Lektor und Glöckner irgendwo in einer schönen Kapelle im Schweizer- oder im nahen Ausland zur Seite stehen. Als Solothurner Katholik freute er sich, dass die Regierung im Jahre 1974 das Kloster Mariastein den Benediktinern zurückgab und dieses in der näheren und weiteren Region zusehends wieder an Bedeutung gewann. Dass in diesem nun zufällig noch ein Ordensmann lebte, welcher mit ihm die harte Fuxenzeit der Kyburger durchlief, wusste Benzol sehr zu schätzen.

Vielleicht haben die Jugenderlebnisse in Schaffhausen unbewusst auf Benzol gewirkt.

Sein Einsatz zu Gunsten unseres Landes ist jedenfalls erwähnenswert: er diente als Einheitskommandant in der Artillerie und war lange Jahre nebenamtlicher Richter am Bezirksgericht Arlesheim.

Als 1997, infolge der Fusion Sandoz/Novartis, Benzol eigentlich frühzeitig in Pension gehen konnte, war das für ihn ein Gewinn. Er haderte zwar anfänglich mit dem Entscheid, erinnerte sich aber wahrscheinlich bald einmal an seinen früher gewählten Leitspruch von Paracelsus „Alterius non sit qui esse potest“ oder zu Deutsch „ es sei niemand eines anderen Knechts, der selber sein eigener Herr sein kann“ und so gründete Benzol dann seine eigene Firma und war als selbständiger Berater für Sicherheitsfragen von Vielen im In- und Ausland gefragt. Besonderen Spass brachten ihm die Vortragsreihen an diversen Gymnasien der Schweiz. Der Kontakt mit Jungen gefiel ihm. Aber auch wir Kyburger Freunde durften feststellen, dass Benzol sich mehr und mehr öffnete und so auch öfters den Kontakt zu uns und andern suchte. Die grosse Verantwortung und der Druck während seiner Sandoz–Zeit waren weg. Er fühlte sich freier, hatte wieder vermehrt Zeit sich um andere Dinge des Lebens zu kümmern: Die Familie mit den heranwachsenden Grosskindern, Kunst- und Kulturreisen, Briefmarkensammeln, vermehrte Besuche am Stamm Leise oder beim Lunch im Albisgüetli. Aber auch am Basler Stamm der Kyburger und Neuromanen war er mit Vreni anzutreffen, wenn es um die Teilnahme am jährlichen Spargelessen im Mark-gräflerland ging oder sie das im Fricktal stattfindende herbstliche Wildessen besuchten.

In diese für ihn so schöne Zeit kam dann leider vor gut einem Jahr eine sofortige schwere Herz- Operation mit verschiedenen Komplikationen und Infektionen. Sie verursachten einen mehrmonatigen, schwierigen Spitalaufenthalt. Benzol, seine Vreni und die ganze Familie waren äusserst gefordert. Doch als wir im vergangenen November seine Lieblingsflasche aus der Cote de Nuits bei ihm zu Hause kredenzen durften, glaubten wir Freunde , dass Benzol es nochmals schaffen würde. Auch seine, allerdings nur vereinzelten, Teilnahmen an Anlässen, noch in diesem Jahr, waren Zeichen seines Willens. Doch die Lebensmüdigkeit war schliesslich grösser, er war gezeichnet und die Kräfte verliessen ihn schnell.

Lieber Benzol,

Wir wissen, dass Dir Freundschaft immer sehr viel bedeutet hat. Jetzt müssen wir Abschied nehmen von Dir als unserem Lebensfreund: Du warst ihn wirklich! Wir danken Dir für Deine Treue.

Dir liebe Vreni und Deiner Familie danken wir für die aufopfernde Hilfe und wünschen allen Mut und Gottvertrauen ! 

Franz Koch v/o Naso

 


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